Wie viele Jahre das Gebäude leer stand kann so richtig keiner mehr sagen. Aber Bürgermeister Olaf Hausmann machte bei einen Pressetermin klar, dass sich auch seine Vorgänger bereits um die Rettung des historischen Hauses bemüht haben, das inzwischen zum Schandfleck im Kirchhainer Stadtbild geworden ist.

Nach vielen Jahren hat der bisherige Eigentümer, die Schoofs Immobilien GmbH aus Frankfurt das historische Gebäude nun an das Ehepaar Wagner aus Fulda verkauft. In den kommenden zwei Jahren soll das Anwesen vollständig saniert werden und künftig als Wohnhaus dienen. Unterstützt wurde der Verkauf des Gebäudes durch die Denkmalagentur des Landkreises Marburg-Biedenkopf, die die Arbeiten auch weiter begleiten wird.
„Die Geschichte des Gebäudes zeigt, welches Potential auch solche Denkmäler haben, die eben nur scheinbar hoffnungslos verloren sind“, sagt der Erste Kreisbeigeordnete Marian Zachow. „Das Alte Amtsgericht ist ein sehr schönes Beispiel dafür, was gelingen kann, wenn es einen Kümmerer gibt und alle Akteure an einem Strang ziehen“, so Zachow.

Der Kümmerer war in diesem Fall die Denkmalagentur Marburg-Biedenkopf, ganz konkret Carsten Fehr, dem es im Zusammenspiel mit den alten und neuen Eigentümern gelang, nicht nur ein Denkmal zu erhalten, sondern zugleich auch Wohnräume zu schaffen.

Schoofs-Immobilien hatte das Gebäude 2009 im Zusammenhang mit der Errichtung des Nahversorgungs- und Gesundheitszentrums Mühltorpassage erworben. Um einen weiteren Verfall zu verhindern hatte die Firma rund 100.000 Euro in die Dach- und Fenstersanierung, in Sicherungsmaßnahmen sowie weitere Arbeiten investiert, die zum Gebäudebestand beitrugen.

Lena und Milan Wagner haben nun das Gebäude von Schoofs für einen Euro übernommen und sind die neuen Besitzer des Hauses. Sie sind begeistert von dem Gebäude und seinem Zustand. „Dafür, dass es so lange leer stand, ist es eigentlich in recht gutem Zustand“, sagt Milan Wagner. Und seine Frau ergänzt: „Man darf sich vom Äußeren nicht abschrecken lassen. Das ist ein fantastisches altes Gebäude, das einige Schätzchen birgt. Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie es einmal aussehen wird.“ Und wenn man durch das Innere geht zeigen die historischen Böden, Türen und Fenster, das Treppenhaus mit den barocken, gedrechselten Balustern was Lena Wagner meint.

Die Familie aus Fulda war durch Zufall auf eines der ältesten und städtebaulich wichtigsten Gebäude der Ohmstadt aufmerksam geworden: Milans Vater Dietmar, Bauingenieur und Spezialist für denkmalgeschützte Gebäude, hatte ein von der Denkmalagentur angebrachtes Verkaufsplakat im Vorbeifahren gesehen und damit„den Stein ins Rollen gebracht“.

Dem Verkauf vorangegangen waren auch viele Gespräche im Hinblick auf die Parkplätze, betont Bürgermeister Olaf Hausmann. „Ich bin sehr glücklich, dass wir hier gemeinsam mit der Familie Wagner, dem Landkreis und Schoofs Immobilien die Veräußerung des Projektes umsetzen konnten. Jetzt geht die Arbeit für die Familie Wagner richtig los und ich freue mich, in hoffentlich rund zwei Jahren auf das Ergebnis“.
Zachow und Hausmann sind sich einig: Die Mühen haben sich gelohnt. Denkmalagentur und Stadt werden den Käufern weiterhin beratend zur Seite stehen.

Zur Geschichte des Gebäudes
Das Justizamt Kirchhain residierte von 1821 bis zu seiner Aufhebung im Jahre 1867 in dem dreistöckigen Fachwerkhaus mit der heutigen Straßenbezeichnung Borngasse 33 („Altes Amtsgericht“), in dem sich auch die Wohnung des Justizbeamten befand.
Im selben Gebäude nahm 1867 das Amtsgericht Kirchhain, das die Rechtsnachfolge des Justizamtes antrat, seine Tätigkeit auf. Es blieb bis zum Jahre 1932 Gerichtssitz und Richterwohnung.
Experten des Instituts für Bauforschung und Dokumentation untersuchten im Auftrag des Landesamts für Denkmalpflege in Marburg die Historie des „alten Amtsgerichts“ (2010).
Aus historischer Sicht hat das „alte Amtsgericht“ erheblichen Wert. Das Haus stammt nach den Forschungen der Marburger Experten aus dem Jahr 1608.
Es befand sich im Privatbesitz Kirchhainer Familien, war Gerichtsgebäude und unter anderem Burgmannensitz.